Die Erforschung der Natur und ihrer Phänomene beschäftigt den Menschen seit vielen Jahrhunderten. Vor allem der Übergang vom 16. in das 17. Jahrhundert sowie das 18. Jahrhundert markieren eine fortschreitende Entwicklung der „modernen Naturwissenschaft“ und somit eine Weiterentwicklung zahlreicher wissenschaftlicher Disziplinen. Der große Sammlungsfundus heutiger Museen leitet sich häufig von den Kunst- und Wunderkammern dieser Zeit ab, welche die Basis für eine frühe Sammeltätigkeit bildeten und beispielhaft an den Fürstenhöfen verortet waren.

Das Interesse für die Naturwissenschaften und die Sammelleidenschaft der Grafen und späteren Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt zeigte sich in der Gründung eines Fürstlichen Naturalienkabinettes in Rudolstadt durch den Erbprinzen Friedrich Karl im Jahre 1757. Seine Sammlungen zeugen noch heute, fast 270 Jahre später, im Naturhistorischen Museum im Residenzschloss Heidecksburg von großer naturwissenschaftlicher Leidenschaft und einem ausgesprochenen Forscherdrang, der neben den repräsentativen Ansprüchen gewiss einen großen Stellenwert einnahm. Gerade in den Anfangszeiten der Naturalienkabinette standen viele Exponate als exemplarische Belege für die Vielfalt der Natur aller Weltregionen, die als kompakte Sammlung eine Reise durch alle Naturreiche fernab der eigentlichen Ursprungsländer möglich machten. Ob von Exkursionen mitgebracht oder von Naturalienhändlern erstanden, im Laufe der Zeit wurden Sammlungen von immenser Fülle aufgebaut. Auch wenn das Verständnis von Wissenschaft damals ein anderes war als heute, so dienten die frühen Kunst- und Natursammlungen doch als Grundstein für die Erforschung der Natur- und Menschheitsgeschichte. 

 

Die Geschichte der Sammlung Friedrich Karls und seines Naturalienkabinettes begann im Kleinen seinerzeit an seinem Wohnsitz im Rudolstädter Stadtschloss Ludwigsburg. Erst 1919, nach der Abdankung des letzten Fürsten, gelangten die Sammlungen in Nacht und Nebel auf die Heidecksburg, wo sie bis heute ihren Platz gefunden haben. Zahlreiche Wissenschaftler haben die Sammlung besucht, haben verschiedene Kustoden und Präparatoren sich darum gekümmert, sind Objekte hinzugekommen, aber auch vom Zahn der Zeit eingeholt worden. Was bis heute bleibt ist ein schützenswertes Stück Natur- und Kulturgeschichte, dass seiner weiteren Erschließung sehnlich entgegensieht.

 

WARUM GIBT ES EIN NATURMUSEUM in der HEIDECKSBURG? (Artenvielfalt)WARUM GIBT ES EIN NATURMUSEUM in der HEIDECKSBURG? (NatKab-Konchylien)

 

Was gibt es in den Sammlungen?

Die Sammlungen decken das Tier- und Pflanzenreich sowie die Geologie, Mineralogie und die Paläontologie ab. Insgesamt gibt es etwa eine halbe Million Objekte im Museum sowie eine umfangreiche historische und moderne Fachbibliothek. Die Objekte der Sammlungen stammen aus über drei Jahrhunderten (einige Objekte stammten aus der Zeit vor Friedrich Karl – das Sammelinteresse am Hofe war stets groß!) und bilden damit nicht nur ein Stück Wissenschaftsgeschichte ab, sondern sind auch ein Archiv des Lebens, zeichnen Bilder der Fauna vergangener Zeiten und zeigen Veränderungen der Umwelt und Biodiversität. Sie sind Ressourcen für Wissenschaft und Forschung. Die Struktur der naturhistorischen Sammlung ist bereits seit der Gründung als Naturalienkabinetts sehr vielfältig, da die Natur hier sehr früh als zusammenhängend erkannt und somit auch alles besammelt wurde

 

„DIE SAMMLUNG SOLL SICH ÜBER ALLE FELDER DER NATUR VERBREITEN, OHNE DASS EINES DERSELBEN GANZ AUSSER AUGEN GESEZT WERDE […]“

Christian Ludwig Kämmerer, erster Kustos des Naturalienkabinetts, 1786
 

Von der Bedeutung des Sammelns

Dinge zu sammeln, ist niemandem fremd. Fast ein jeder sammelt irgendetwas, ganz gleich, was es ist. Das Sammeln von Naturalien und auch die Sammlungen im Museum haben einen ganz besonderen Sinn. Historische Natursammlungen geben Aufschluss über die Veränderungen der Artenvielfalt- oder Zusammensetzung in bestimmten Regionen und zeichnen somit ein Bild vom Wandel der Ökosysteme und der Artenvielfalt. So ist es nicht verwunderlich, dass Tiere oder Pflanzen verschiedener Lebensräume und Zeitspannen außerhalb der historischen Sammlungen nicht mehr nachweisbar sind. Verbreitungs- und Aussterbedynamiken können durch historisch gewachsene Sammlungen beschrieben werden. Durch die rasch voranschreitende Erschließung neuer Erdteile und die Erforschung der Natur bildete sich eine Vielzahl verschiedener Wissenschaftszweige, wobei viele Disziplinen erst durch die Sammeltätigkeit vorangetrieben werden konnten. Man begann, die gesammelten Objekte zu klassifizieren, was oftmals eine Aufspaltung der universellen Sammlungen in verschiedenste Spezialsammlungen nach sich zog. Beschreibende Fachbereiche, wie die Zoologie oder die Botanik, bauen wesentlich auf gesammeltem Material auf. Artbeschreibungen sind bis heute nur mit dem entsprechenden Typusmaterial der erstmals originalen Beschreibung nachvollziehbar. Naturwissenschaftliche Sammlungen dienen somit als Archiv für die Belegstücke der Taxonomie. Gerade in der heutigen Zeit ist es jedoch auch möglich, anhand von historischem Sammlungsmaterial neue Forschungen voranzutreiben, da die Entwicklung moderner Untersuchungsmethoden und Techniken zum Beispiel der umfassenden Analyse von Genmaterial oder computertomografisch gestützten Methoden unaufhörlich voranschreitet und neue Blickwinkel zulässt, die für die ursprünglichen Sammler kaum denkbar gewesen wären. Auch kleinere Kollektionen liefern hierfür einen wichtigen Beitrag und ergänzen größere Sammlungen der Naturmuseen und Universitäten sinnvoll, solange sie für die Öffentlichkeit und die Forschung zugänglich sind. Die Digitalisierung der Sammlungen eröffnet zudem völlig neue Wege einfacher Vernetztheit und macht Forschungsdaten überall auf der Welt verfügbar.

07. August 2024,

geschrieben von Sandy


HEI, WAS GIBT’S NEUES?